Brötzinger Tal – Geschichte vom Trümmerdepot zum Veranstaltungsort
Das Brötzinger Tal durchlief eine bemerkenswerte Transformation: Vom Trümmerdepot nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte es sich zu einem bedeutenden Veranstaltungsort für große Konzerte. Erfahren Sie mehr über die Geschichte dieses besonderen Ortes.
Brötzinger Tal
Das Brötzinger Tal durchlief eine bemerkenswerte Transformation: Vom Trümmerdepot nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte es sich zu einem bedeutenden Veranstaltungsort für große Konzerte. Diese Entwicklung spiegelt den Wandel Pforzheims von der zerstörten Stadt zum wiederaufgebauten Gemeinwesen wider und zeigt, wie aus Not und Zerstörung neue Möglichkeiten entstehen können.
Inhaltsverzeichnis
Notlandung eines Militärflugzeugs 1914
Frühe Luftfahrtgeschichte
Im Jahr 1914 ereignete sich im Brötzinger Tal eine Notlandung eines Militärflugzeugs, die ein frühes Zeugnis der Luftfahrtgeschichte in Pforzheim darstellt. Das Flugzeug, ein Biplane mit rot-weiß gestreiften Flügeln, musste im Tal notlanden und markiert damit einen wichtigen Moment in der frühen Luftfahrtentwicklung der Region.
Sprengung der Enzbrücke durch die Wehrmacht
Die Zerstörung der Eisenbahnbrücke
Am 7. April 1945 sprengte die Wehrmacht die Eisenbahnbrücke über die Enz im Brötzinger Tal. Die mehrspännige Fachwerkbrücke der Bahnstrecke Pforzheim-Hochdorf wurde dabei schwer beschädigt, wobei der rechte Teil der Brücke vollständig einstürzte und in die Enz fiel. Diese Sprengung war eine der letzten Kriegshandlungen in der Region und symbolisiert das Ende des Zweiten Weltkriegs in Pforzheim.
Quelle
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg
Bestand: PL 734, Fotosammlung Harald Knauer zum Eisenbahnwesen in Württemberg
Bestellsignatur: Staatsarchiv Ludwigsburg PL 734 PA 840
Titel: Pförzheim-Brötzingen Enzbrücke Sprengung Wehrmacht 7.4.1945
Autor/Fotograf: BD Karlsruhe
Permalink: Landesarchiv Baden-Württemberg
Trümmerdepot nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Feldbahn zur Trümmerräumung
Nach der Zerstörung Pforzheims am 23. Februar 1945, bei der rund 80 Prozent der Stadt vernichtet wurden, begann unmittelbar nach Kriegsende der Wiederaufbau. Zwischen 1946 und 1949 setzte man zur Räumung der riesigen Trümmermengen eine Feldbahn mit 600 Millimeter Spurweite ein. Sie bestand aus etwa 23 Lokomotiven und 300 Kipploren, mit denen der Schutt aus der Innenstadt abtransportiert wurde. Ab 1949 und 1950 wurde die Feldbahn schrittweise durch Lastwagen ersetzt, was den Transport effizienter machte.
Verlagerung zum Wallberg
Der zunächst im Brötzinger Tal abgelagerte Schutt füllte das Gebiet bald vollständig auf, weshalb der restliche Trümmerberg auf den Wallberg verbracht wurde. Dort entstand die heutige Aufschüttung als sichtbares Zeugnis der Kriegszerstörung, die bis heute an die Zerstörung Pforzheims erinnert.
Trümmermühle und Wiederverwertung
Verarbeitung zu Baumaterial
Die letzte Trümmermühle befand sich am Waisenhausplatz und wurde 1957 abgebaut. In dieser Anlage wurde der Schutt zerkleinert und als Baumaterial, etwa für Hohlblocksteine, wiederverwendet. Der Wiederaufbau wurde zusätzlich durch zerstörte Brücken erschwert, deren provisorischer Ersatz dringend nötig war. Historiker Andreas Grüner hat die Geschichte der Trümmerbahn über zehn Jahre hinweg erforscht und im Jeff Klotz Verlag als dritten Band seiner Reihe zur Industriegeschichte und Feldbahneinsätzen im Raum Pforzheim veröffentlicht. Das Werk stützt sich auf Archivfotos und Zeitzeugenberichte, die anschaulich machen, wie die Menschen unter schwierigen Bedingungen, teils mit amerikanischer Hilfe, Baumaterial organisierten und improvisierten.
Trümmermühle im Brötzinger Tal - Industrielle Anlage zur Verarbeitung von Trümmerschutt zu Baumaterial
Zeitzeugenberichte
Zeitzeugen wie Elmar Goldmann erinnern sich an die Abhängigkeit von amerikanischen Lieferungen während des Wiederaufbaus. Fritz Gorgus schildert, wie er als Jugendlicher Holz für notdürftige Dächer vorbereiten musste. Diese persönlichen Erinnerungen zeigen die Herausforderungen und den Zusammenhalt der Bevölkerung in der Nachkriegszeit.
Historische Karte
Diese historische Karte zeigt das Brötzinger Tal mit dem Standort der Trümmermühle. Die Karte dokumentiert die Lage des ehemaligen Trümmerdepots und der Verarbeitungsanlagen, die nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau Pforzheims spielten.
Konzerte im Brötzinger Tal
Open-Air-Festivals in den 1970er- und 1980er-Jahren
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde das Brötzinger Tal auch für große Open-Air-Festivals genutzt. Diese Veranstaltungen fanden auf dem Gelände des 1. FC Pforzheim statt und machten das Brötzinger Tal überregional bekannt. Im Jahr 1978 traten unter anderem Wishbone Ash, Uriah Heep und die Scorpions als Opener auf. Im Jahr 1987 fand das Monsters of Rock Festival statt, unter anderem mit Metallica als Vorgruppe von Deep Purple. Die großen Open-Air-Festivals im Brötzinger Tal machten den Ort überregional bekannt und etablierten ihn als wichtigen Veranstaltungsort für Rock- und Metal-Konzerte in der Region.
Bedeutung und Wandel
Das Brötzinger Tal durchlief eine bemerkenswerte Transformation: Vom Trümmerdepot der Nachkriegszeit entwickelte es sich zu einem bedeutenden Veranstaltungsort. Diese Entwicklung spiegelt den Wandel Pforzheims von der zerstörten Stadt zum wiederaufgebauten Gemeinwesen wider. Heute steht das Brötzinger Tal symbolisch für die Fähigkeit der Stadt, sich nach schweren Zerstörungen zu erholen und neue Funktionen zu entwickeln. Die Geschichte des Ortes zeigt, wie aus Not und Zerstörung neue Möglichkeiten entstehen können und wie ein Ort im Laufe der Zeit verschiedene Funktionen übernehmen kann.